Zwei Männer hocken auf dem Waldboden, vor sich im Laub zwei alte weiße Herren-Unterhosen.
Foto: fle

Grab doch mal den Schlüpfer unter!

Die Revierförsterei Tegelsee beteiligt sich an einem sehr speziellen Experiment

Wie? Unterhosen runter? Und dann noch einen ganzen Monat lang? Auch Frank Mosch, Revierförster der Försterei Tegelsee, nimmt teil an einem Mitmach-Projekt der Landesforsten Rheinland-Pfalz. „Nur nicht den Boden verlieren“ heißt die Aktion, bei der die Böden vor der eigenen Haustür mit einer Prise Humor unter die Lupe genommen und das Bodenleben erforscht werden soll – indem alle Teilnehmer zwei Unterhosen vergraben. 

Und so entsteht am Morgen des 28. Juni ein seltenes und seltsames Bild mitten im Tegeler Forst: Der Revierförster gräbt ein Loch und verbuddelt gemeinsam mit Michael Siefker vom Deutschen Forstwirtschaftsrat e.V. (DFWR) zwei weiße Unterhosen im sandigen Waldboden. Siefker war der Überbringer der Unterhosen.

Hintergrund der Aktion: Der Waldboden ist in diesem Jahr „Boden des Jahres“. Grund genug, der Beschaffenheit unserer heimischen Böden ein wenig auf die Spur zu kommen. „Tatsächlich dient diese deutschlandweite, fraglos ungewöhnliche Aktion dem Test zur Erkundung der Aktivität der Bodenorganismen“, erklärt Mosch. Die Idee stammt aus dem Bürgerwissenschaftlichen Projekt „Beweisstück Unterhose“ des Schweizer Kompetenzzentrums für landwirtschaftliche Forschung und der Universität Zürich im Jahr 2021. Da es kaum möglich ist, die Milliarden von Lebewesen in den Böden zu zählen, kamen die Schweizer auf die Idee, die Lebendigkeit der Böden mit Baumwollunterhosen zu testen. 

Das Resultat lässt sich nach einiger Zeit leicht ablesen: In belebten, humusreichen Böden fressen die Bodenlebewesen die Baumwolle schnell auf, in nicht mehr intakten Böden dauert es länger.

Grundsätzlich gilt: Je gesünder der Boden, desto gefräßiger die Bodenorganismen und desto weniger bleibt übrig von dem guten Stück. Dies gilt vor allem für Gartenböden und landwirtschaftlich genutzte Böden. Im Wald weist ein langsamer Abbau der Unterhose allerdings nicht auf weniger gesunden Boden hin, sondern lässt Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Erdreiches zu. Voraussetzung der Schlüpfer: „Weiß, gerne gebraucht, aber sauber“, heißt es in der Anleitung. Und sie müssen zu 100 Prozent aus Baumwolle sein. 

In der Försterei Tegelsee wurden nicht etwa eigene Unterhosen für die Aktion aus der Schublade gekramt. Die beiden reinweißen Herren-Schlüpfer wurden zuvor samt Gebrauchsanleitung mit der Post von den Landesforsten Rheinland-Pfalz nach Berlin geschickt. „Wir möchten alle mit Interessierten dazu ermutigen, die Böden vor ihrer Haustür mit Spaß unter die Lupe zu nehmen und das Bodenleben zu erforschen – indem wir gemeinsam Unterhosen vergraben“, heißt es in der mehrseitigen Anleitung. 

Angefangen von „Erdloch graben“ über die Art und Weise, wie die Unterhose eingebuddelt werden soll – nämlich nebeneinander, und der Bund sollte danach immer noch rausschauen – bis hin zu der Anweisung, den Boden in der gleichen Reihenfolge wieder zuzuschütten, wie er entnommen wurde. Und natürlich sollte man alles auch per Foto dokumentieren. „Nun heißt es warten – die erste Unterhose können wir nach vier, die zweite nach acht Wochen wieder ausgraben“, erklärt Mosch.

Und anhand einer Unterhosen-Skala in der Beschreibung sollte der Revierförster dann den Abbaugrad der Unterhose einschätzen, wenn er sie dann nach Ende der Aktion – fein verpackt und beschriftet – an die Landesforsten-Rheinland-Pfalz nach Hachenburg zurück schickt. „Je zerfressener deine Unterhose aussieht, desto aktiver sind die Bodenlebewesen und desto gesünder ist dein Boden“, heißt es weiter.

Im Rahmen der Deutschen Waldtage werden die Unterhosen am 15. September auf dem Gelände des Waldbildungszentrums in Hachenburg in einer Ausstellung präsentiert und die Unterschiede der Bodengesundheit präsentiert. „Wir sind gespannt“, sagt Mosch. Und wer weiß: Vielleicht wächst aus dem Boden demnächst ja auch etwas ganz Neues. Zum Beispiel eine Unterhosensis subterra? 

Die RAZ bleibt dran und wird über die Ergebnisse der Aktion schreiben.

Christiane Flechtner

Christiane Flechtner ist seit mehr als 30 Jahren als Journalistin und Fotografin in Reinickendorf und auf der ganzen Welt unterwegs. Nach 20 Jahren bei der Lokalzeitung Nord-Berliner ist sie seit der ersten Ausgabe mit im Team der Reinickendorfer Allgemeinen Zeitung und anderer Verlagsmedien. Sie arbeitet außerdem als freie Journalistin und Fotografin bei „Welt“, Berliner Zeitung und anderen Zeitungen in Deutschland, Österreich und Luxemburg sowie für u. a. Reise-, Wander- und Tiermagazine.