Vier Menschen stehen in einem Waldstück um eine Messstation herum.
Stephan Natz, Dörte Siebenthaler, Davide Li, Gloria Abel (v. l.) am Messpunkt, Foto: bs

Grundwasserspiegel etwas angestiegen

Messpunkte am Tegeler See zeigen einen gewissen Effekt des Dauerregens

Tegel – „Wenn alle schlechte Laune haben, haben wir gute Laune“, kommentiert Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe, das andauernde Niesel-Piesel-Wetter mit grauem Himmel in diesem Winter. Er hat eingeladen zu drei Messpunkten des Grundwasserspiegels in der Nähe des Tegeler Sees. Mit dabei sind Dörte Siebenthaler, Gloria Abel und Trainee Davide Li aus der Abteilung für Wasserversorgung und Ressourcenmanagement. Hat der Dauerregen nach Jahren mit überdurchschnittlich heißen Sommern etwas für unser Grundwasser und damit für unsere Trinkwasserversorgung gebracht?

Voller Konzentration senkt Gloria Abel eine Art Maßband mit einem Sensor in das Messrohr ab. Nach 5,85 Metern fängt die Kontrolllampe an zu leuchten. Der Sensor hat Kontakt zum Grundwasser. Alle schauen zufrieden. Das scheint ein ordentliches Ergebnis zu sein.  In der allgemeinen Statistik der Wasserbetriebe wird der Grundwasserpegel allerdings als Differenz zum Meeresspiegel ausgewiesen. Im Frühjahr 2020 war der Grundwasserpegel 29,50 Meter über dem Meeresspiegel, im Sommer 2022 ist er fast auf 27 Meter gesunken und hat sich seitdem aktuell auf etwa 28,50 Meter erholt. 

Entwarnung will aber keiner geben. Die Sommer seien zu heiß, der wenige Regen würde häufig schon an der Oberfläche verdunsten und gar nicht ins Grundwasser gelangen. Komme es zu Starkregenereignissen, wie im Juni 2017, würde das Wasser in der Kanalisation abtransportiert werden, anstatt in der Region zu versickern. Natz plädiert immer wieder dafür, die „Schwammstadt“ in ganz Berlin zu etablieren: „Schwammstadt drüber und das lieber schneller.“ Das Regenwasser solle möglichst dort im Boden versickern, wo es hinfällt und nicht aufwendig als Oberflächenwasser abtransportiert werden. 

Guido Henckel von Donnersmarck hat es vor fast 120 Jahren mit den künstlich angelegten Teichen für die Regenversickerung in Frohnau vorgemacht. Das auf dem ehemaligen Flughafen Tegel geplante Schumacher Quartier wird gleich als „Schwammstadt“ angelegt. Alles zielt darauf ab, das Regenwasser direkt durch die oberen Bodenschichten in das Grundwasser sickern zu lassen. Dort wird es abgepumpt, für die Trinkwasserversorgung aufbereitet und von den Wasserbetrieben in Rohrleitungen zu den Wohnungen und Häusern gebracht.

Das hört sich dann doch einfacher an, als es in der Realität ist. Im Nordberliner Wasserkreislauf wird das Grundwasser rund um den Tegeler See in 131 Brunnen abgepumpt. Der durchschnittliche Brunnendurchmesser habe nur 40 Zentimeter, erklärt das gutgelaunte Team der Wasserbetriebe an dem Messpunkt. Das untere Ende eines solchen Brunnens sei eine Art „Maschendrahtzaun“, durch den das Wasser aus der Umgebung angesaugt werde. Es sei durch die Filterwirkung des Bodens schon recht sauber, werde aber im nahen Wasserwerk Tegel „belüftet“ und in riesigen Tanklagern für die Verteilung in das Trinkwassernetz von Nord-Berlin bereitgehalten. 

Nach Gebrauch in den Haushalten fließt es als Abwasser in der Kanalisation zum Klärwerk in Schönerlinde, unweit der nördlichen Stadtgrenze von Berlin. Hier muss das kostbare Lebensmittel aufwendig gesäubert werden, bevor es über den Nordkanal in den Tegeler See geleitet wird. Die Brunnen in Ufernähe nehmen es dann als Grundwasser wieder auf und alles beginnt von vorn. Die Rundreise von einem Wassertropfen könne in diesem Kreislauf etliche Jahre dauern, sagt Natz. All das hängt von einem auskömmlichen Grundwasserstand ab. 

Dörte Siebenthaler fordert ausdrücklich auf, „verantwortungsvoll“ mit dem Wasser umzugehen und „es nicht zu verschwenden“. Auch wenn der Grundwasserspiegel sich jüngst etwas erholt habe, könne das nicht darüber hinwegtäuschen, dass er seit 30 Jahren in Berlin tendenziell sinke. Mit ihren 1.100 Messpunkten in Berlin, die ihre Ergebnisse tagesaktuell in die Zentrale funken, halten sie und ihre Kolleginnen stets ein Auge auf den Garanten unserer Trinkwasserversorgung.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.