RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

eine orangefarbene Bank auf einem öffentlichen Platz
Diese orange Bank vor dem Rathaus war der Grund für einen Missbilligungsantrag gegen das Bezirksamt. Foto: bs

Hitzige Diskussion in der BVV-Sitzung 

Rote und orange Bank bringen Gemüter von Abgeordneten aller Parteien in Wallung

Bezirk – Zwischenrufe wie „so peinlich!“ und „pfui“ waren ganz zum Schluss der ersten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Reinickendorf im neuen Jahr zu hören. Es ging um die emotionale und auch polemisch geführte Diskussion zu einer im Dezember vom Bezirksamt aufgestellten orangefarbenen Bank vor dem Rathaus. Die Bank soll ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen setzen. 

Politischer Streit um Mahn-Bank

Ein Jahr zuvor war ein ähnliches Projekt von der BVV mit den Stimmen der CDU und AfD abgelehnt worden, da dem Bezirksamt dafür kein Geld zur Verfügung gestanden habe. Die damals unterlegenen Fraktionen wollten auf der aktuellen BVV nunmehr die Aktion des Bezirksamtes offiziell missbilligen. Es fielen in der Debatte auch die Worte „widerlich und tief verletzend“.

Einigung bei anderen Themen

Zunächst einmal arbeiteten die Abgeordneten in den ersten viereinhalb Stunden diszipliniert die voluminöse Tagesordnung der BVV ab. Eine Resolution „Für ein geeintes und friedliches Miteinander“ wurde einstimmig angenommen, Sorgen von Bürgern über Parkplätze und fehlende Angebote gegen Einsamkeit gehört und über die Möglichkeiten einer Wiederbelebung der Residenzstraße gesprochen. Ein Böllerverbot zu Silvester wurde auf Landesebene verwiesen und auch das Pilotprojekt „Bürohunde“ fand Erwähnung. 

Kontroverse um Farben und Timing

Die Stunden unter dem blauen Gewölbehimmel des BVV-Saals zogen dahin. Dann kam der Missbilligungsantrag der SPD, Grünen, FDP und Kai Bartosch (fraktionslos) gegen das Bezirksamt wegen der orangen Bank. Ein Ruck ging zur späten Abendstunde durch die Reihen der Abgeordneten. Der FDP-Abgeordnete David Jahn stellte den „komischen Vorgang“ noch einmal dar. Nachdem die BVV die Aufstellung einer roten Bank zum Gedenken von Gewalt gegen Frauen abgelehnt hatte, spendeten Abgeordnete der unterlegenen Fraktionen Geld für eine solche Bank, für die das Bezirksamt dann aber keinen Platz fand. 

Ein Jahr später baute das gleiche Bezirksamt auf eigene Initiative eine orange Bank gegen Frauengewalt auf. Jahn hält eine solche Mahn-Bank für richtig, wollte das Verhalten des Bezirksamtes jedoch missbilligen. CDU-Stadträtin Schrod-Thiel erklärte noch einmal ausholend den Sinn einer solchen Bank, was jedoch niemand in Frage gestellt hatte. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Michael Zischka versuchte sich in Farbenlehre für das damalige Abstimmungsverhalten seiner Fraktion gegen die rote Bank: „Warum muss die rot, sie könnte ja auch blau sein.“ 

Schweigen der Bürgermeisterin

Erstaunen löste auch die Argumentation des CDU-Fraktionsvorsitzenden Marvin Schulz aus, der meinte, im November 2023 wäre keine Bank aufzutreiben gewesen, die dann aber im Dezember 2024 aus dem „Alt-Fundus“ aufgetaucht sei. Mehrfach wurde die letztlich für die orangefarbene Bank verantwortliche Bezirksbürgermeisterin mit Zwischenrufen aus dem Plenum aufgefordert, zu dieser Posse Stellung zu nehmen. Sie entschied sich anders und sagte – nichts. Der Missbilligungsantrag gegen das Bezirksamt wurde ungefähr in Stimmenstärke der CDU- und AfD-Fraktion abgelehnt.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.