Das mobile Klassenzimmer

Bezirk – „Bitte beachtet, dass wir ab dem 4. Januar keine Ferien mehr haben – ihr habt Unterricht zu Hause“, war auf der Homepage der Max-Beckmann-Oberschule zu lesen. Aber was bedeutet das genau? Für Eltern von mehreren (Schul)kindern sicherlich ein Horrorszenario – Wohnzimmertische voller Arbeitsblätter, Schulbücher, Tablets, PCs, lernende Kinder in unbequemer Haltung im Wohnzimmer zwischen Fernseher und Spielekonsole. Zocken versus Homeschooling. Fernunterricht, Distanzunterricht – Namen gibt es viele.

Der offizielle lautet saLzH – schulisch angeleitetes Lernen zu Hause, dazu gab die Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Familie einen 58-seitigen Handlungsrahmen bereits im August an alle Schulleitungen heraus. Neben der Regelung bei steigendem Infektionsgeschehen vom Präsenzunterricht zum saLzh überzugehen, stand die Aufforderung: „Alle Schulen bereiten sich darauf konzeptionell vor.“ Doch lässt sich die verpasste Digitalisierung in wenigen Monaten aufholen? „Vom Grundsatz sind wir sehr zufrieden“, berichtet Brita Tyedmers von der Schulaufsicht der Oberschulen. „Es gab ausreichend Fortbildungsveranstaltungen, Probeläufe und wir bieten wöchentliche Feed­backrunden als Videokonferenzen für Schulleitungen an.“

Der „Lernraum-Berlin“ ist eine berlinweite, kostenlose, digitale Lernplattform für alle Schulformen, doch teilweise werden andere privatwirtschaftliche Online-Plattformen genutzt. „Wir haben uns bewusst für Microsoft-Teams entschieden, weil die Vorbereitung auf ein Tool wichtig ist, das auch später in der Arbeitswelt genutzt wird und haben dafür Beifall von den Eltern erhalten“, berichtet Matthias Holtmann, Schulleiter der Max-Beckmann-Oberschule. Systematisch wurde bereits im letzten Schuljahr das über 100-köpfige Lehrerkollegium aus eigenen Mitteln fortgebildet, um in drei Monaten rund 1.000 Schüler mit MS-Teams vertraut zu machen. Großes Defizit an den Schulen ist jedoch das langsame Internet. Für die digitale IT-Infrastruktur stehen 257 Millionen Euro aus dem DigitalPakt Schule dem Land Berlin in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung.

Auch zur Reduzierung der Viren in den Klassenzimmern gibt es Geld: 268.758 Euro für Reinickendorf für Luftreinigungsgeräte. Bei einem Gerätepreis von 3.000 Euro sind das für die 54 öffentlichen Schulen durchschnittlich zwei und zwar nur für Räume, die sich nicht lüften lassen. Bei eventuellem Präsenzunterricht wird am Lüftungskonzept und Unterricht mit Jacke festgehalten. Also ist saLzH auf dem Sofa deutlich kuschliger und gesünder als Präsenz im Klassenraum?

dsd

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.