RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Eine historische Fotografie eines Mannes vor einem offenen Fenster oder auf einem Balkon - hinter ihm die Dächer eines Stadtpanoramas
Der französische Schriftsteller Romain Rolland, Foto: Wiki.fr

Huldigung für den Idealismus

Historisches – Schriftsteller Romain Rolland erhielt Nobelpreis

„Ich wünschte, ich wäre tot. Es ist schrecklich, inmitten dieser wahnsinnig gewordenen Menschheit zu leben und machtlos den Zusammenbruch der Zivilisation miterleben zu müssen“, notierte der französische Schriftsteller Romain Rolland in seinem Tagebuch, als er im August 1914 in der Schweiz vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht wurde.

Literaturnobelpreis als Anerkennung seines Engagements

Erstmalig verzichtete das Komitee des Literaturnobelpreises auf eine Verleihung – bevor im Jahr darauf Rolland ausgezeichnet wurde „als eine Huldigung für den erhabenen Idealismus seiner Verfasserschaft sowie für das Mitgefühl und die Wahrheit, mit der er verschiedenste Menschentypen zeichnet“.

Ein Brückenbauer zwischen Kulturen

Der Bewunderer von Beethoven und Wagner hatte mit seinem „Jean-Christophe“ eine Romanfigur geschaffen, die als Symbol für einen fruchtbaren Kulturaustausch stand: einen deutschen Komponisten, der in Frankreich sein Talent endlich voll entfalten kann.

Ein Leben für den Frieden

Sein Dichterkollege und Freund Stefan Zweig kommentierte die Auszeichnung mit größter Begeisterung: Rolland habe „mehr als zwei Jahre tagtäglich und unermüdlich freiwillig im Dienste des deutsch-französischen Gefangenenaustausches gearbeitet. Und als mitten in dieser Tätigkeit der Nobelpreis im Betrage von fast einer Viertelmillion ihm zufiel, stellte er ihn bis zum letzten Franken wohltätigem Wirken zur Verfügung, damit sein Wort die Tat und die Tat sein Wort bezeuge.“

Begegnungen mit Freud und Stalin

Später schlug Rolland der schwedischen Akademie Sigmund Freud, den er 1924 in Wien persönlich kennengelernt hatte, als Kandidaten für den Literaturnobelpreis vor.

Der Dichter befasste sich gleich in acht Dramen mit der französischen Revolution wie in „Danton“, „Robespierre“, „Der 14. Juli“ und „Triumph der Vernunft“ – verfasst im Zeitraum von 1898 bis 1939. Für ein Treffen mit dem Schriftsteller Maxim Gorki reiste er in die UdSSR. Dort begegnete der mit dem Kommunismus sympathisierende Franzose auch Josef Stalin. Allerdings bewegten ihn die Moskauer Schauprozesse, bei denen ab 1936 Dutzende von Parteifunktionären aufgrund falscher Beschuldigungen zum Tode verurteilt wurden, und später der Hitler-Stalin-Pakt zur demonstrativen Abkehr von der Sowjetunion.

Letzte Reise nach Paris

Gesundheitlich bereits schwer angeschlagen, ließ es sich der 78-Jährige 1944 nicht nehmen, in das befreite Paris zu reisen. Bald darauf starb er einen Tag vor Silvester in seiner Heimat.

Romain Rolland als Namensgeber in Berlin

Neben vielen anderen Ehrungen ist der Pazifist heute auch Namenspatron für eine Oberschule im Gebäude der ehemaligen École Victor Hugo, die in der Cité Foch für die Angehörigen der in Berlin stationierten französischen Streitkräfte bereitstand. Nach dem Abzug der Alliierten wurde sie zunächst als Zweig der Gabriele-von-Bülow-Oberschule weitergeführt, bevor sie im September 1995 in Romain-Rolland-Gymnasium umgetauft wurde.

„Der europäischen Idee und Kultur verpflichtet“ zitiert die Bildungseinrichtung eine Forderung Rollands als ihren Leitsatz: „Wir haben die Aufgabe, für die Zukunft die höhere Einheit europäischen Geistes zu bewahren.“

Boris Dammer