RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

„Ich könnte nur noch heulen“

Am 1. April würde sie 20-jähriges Bestehen ihres Cafés am See feiern. Doch nach Feiern ist Silvia Cetin überhaupt nicht zumute. Denn ihrem geliebten kleinen Café am Schäfersee droht am 20. Februar die Zwangsversteigerung.Müde, ein bisschen wehmütig schaut sie über die liebevoll dekorierten Tische und ihre Kaffeegäste hinweg. „Das alles, das ist mein Leben, mein Zuhause“, sagt sie. „Doch nun droht alles zusammenzufallen wie ein Kartenhaus.“ Am 1. April 2000 hat Cetin das Café eröffnet. Es bestand anfangs nur aus drei Tischen und einem Tresen. Doch die engagierte Reinickendorferin vergrößerte es durch einen Anbau und machte es nach und nach zu einer beliebten Anlaufstelle für Jung und Alt. Silvia Cetin engagierte sich von Anfang an in zahlreichen sozialen Projekten: Sie sammelte Spenden, machte Weihnachtsprojekte, organisierte Reinigungsaktionen am See gegen Vermüllung und sagte der Miniermotte jeden Herbst erneut den Kampf an. Bei einem Überfall schritt sie ein und konnte den flüchtenden Täter in einer Toilette einsperren, bis die Polizei kam. Für ihre besondere Zivilcourage wurde Cetin damals ausgezeichnet.

„Ich kümmere mich um diejenigen, die keiner will“, erklärt sie ihr uneigennütziges Engagement. Dafür wurde sie sogar von der Berliner Morgenpost als besondere Berliner Bürgerin ausgezeichnet.

Den großen Fehler machte die Reinickendorferin, als das Bezirksamt ihr im Jahr 2009 anbot, das Grundstück zu kaufen. „Ich habe meinen Partner mit ins Grundbuch eingetragen – und dies wurde mir zum Verhängnis“, erklärt sie. Vom Partner trennte sie sich bald darauf, der Kontakt brach ab. Vor zwei Jahren meldete er sich aber: „Er wollte das Café am See verkaufen, und ich fiel aus allen Wolken“, erinnert sie sich. Es folgte die Zwangsversteigerung, bei der Cetin Glück im Unglück hatte. „Mein Sohn bot mit, 450.000 Euro war der Wert. Und nun ist mein Sohn Miteigentümer, aber hoch verschuldet.“ Da er das Geld noch nicht abbezahlen konnte, geht das Café nun am 20. Februar zum zweiten Mal in die Zwangsversteigerung. Die 59-Jährige hat niemanden mehr, der ihr bei dieser Versteigerung unter die Arme greifen kann. „Wie es dann weitergeht, weiß ich nicht“, sagt sie. „Ich könnte all das verlieren, was ich mir in den vergangenen zwei Jahrzehnten so mühevoll aufgebaut habe“, sagt sie verzweifelt. Ihr bleibt nun lediglich die Hoffnung auf ein Wunder, dass sie ihr geliebtes Café behalten kann.

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Andrea Becker