RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Ein Bahngleis, das vn Gras überwuchert ist. Im Hintergrund Sträucher, Bäume und ein Haus
Überwucherte Gleise der Heidekrautbahn bei Mühlenbeck. Foto: Ingo Stein

Kein neuer Termin für die Heidekrautbahn

Geschäftsführer geht in den Ruhestand, will das Projekt aber weiter „begleiten“

Wilhelmsruh – Eigentlich sollte die Heidekrautbahn vom S-Bahnhof Wilhelmsruh bis nach Basdorf die regelmäßige Personenbeförderung Ende 2024 wieder aufnehmen. So wurde es viele Jahre von der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) angekündigt. Jetzt geht der langjährige NEB-Geschäftsführer Detlef Bröcker in den Ruhestand, ohne dass er dieses Projekt zu Ende führen kann. Immer neue Planänderungen und Einwände im Umweltbereich, bei Schallschutzmaßnahmen und Gestaltung von Bahnübergängen seien verantwortlich für die Verzögerung. Bröcker kann im Gespräch mit der RAZ keinen neuen Termin für die Fertigstellung nennen.

Detlef Bröcker – Foto: bs

Schneller Bau einst, langwierige Planung heute

Von der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ging das alles sehr viel schneller. Nach einem kurzem Lizensierungsverfahren des preußischen Staates wurde die Bahn innerhalb eines Jahres in das Umland von Berlin gebaut. 1901 konnte der Betrieb aufgenommen werden. Bis 1961 nutzte die Großstadtbevölkerung die Bahn von Wilhelmsruh, um ins „Heidekraut“ fahren. Der Name „Heidekrautbahn“ bürgerte sich schnell ein. Als die Mauer gebaut wurde, traf es auch die Heidekrautbahn. Sie lief teilweise genau auf der Grenze und wurde deswegen eingestellt.

Jahrzehnte des Stillstands und neue Hoffnung

Gleich nach der Wende plante die NEB die sogenannte „Ertüchtigung“ der Bahnstrecke. Nur in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofes Wilhelmsruh waren die Gleise abgerissen worden. Ansonsten war auf der insgesamt 14 Kilometer langen Strecke technisch noch alles weitgehend intakt. Die Firma Stadler auf der Grenze zwischen Pankow und Reinickendorf nutzt die Gleise seit Jahrzehnten, um neugebaute Eisenbahnzüge ihren Kunden in Europa zuzuführen. Das geht zwar nur im Laufschritttempo, aber immerhin. Die Wiederaufnahme des regelmäßigen Personennahverkehrs will jedoch wegen der vielen Auflagen nicht gelingen.

Geschäftsführer Bröcker über Verzögerungen und Planung

Schon beim Pressegespräch im Oktober wirkte Bröcker zuweilen resigniert: „Wir sind der Zeitplanung hinterher.“ Er berichtet von Schwierigkeiten mit dem beauftragten Planungsbüro, das dann ausgewechselt wurde und sagte: „Im Planungsbereich ist der Vergabeprozess deutlich schwieriger geworden, sodass wir leider immer mit unvorhergesehenen Verzögerungen rechnen müssen.“ Zum Jahreswechsel übergibt er den Stab an seinen Nachfolger Sebastian Achtermann, der bereits im März 2024 in die Geschäftsführung der NEB eingetreten ist.

Ein unvollendetes Projekt und vorsichtiger Optimismus

Im Einzelgespräch gab Bröcker zu erkennen, dass er das unvollendete Projekt weiter „begleiten“ wolle und beabsichtige, seinem Nachfolger Achtermann unter die Arme zu greifen, da dieser genügend andere Themen bei der NEB habe. Es klang ein bisschen nach gewolltem Optimismus, als Bröcker sagte: „Manche dachten, dass gar nichts passiert ist. Das ist nicht so.“ So sollen die Arbeiten am S-Bahnhof Wilhelmsruh für den Bahnsteig der Heidekrautbahn Anfang November wieder aufgenommen worden sein. Viel sieht man davon bisher nicht. Und das nach einer Pause von vier Jahren. Bereits im Dezember 2020 war ein erster Spatenstich mit Politprominenz zelebriert worden.

Umweltfreundliche Züge als Lichtblick

Aber bei der Umstellung von Dieselantrieb auf „batterieelektrische und Wasserstoffzüge“ kommt die NEB voran. Bei der Vorstellung des neuen Fahrplans für 2025 wurde jüngst angekündigt, dass die RB 27, die von Berlin Karow über Basdorf nach Groß Schönebeck fährt, auf diese neuen, umweltfreundlichen Züge umgestellt werde. Die sollen dann auch zum Einsatz kommen, wenn der Zubringer von Wilhelmsruh nach Basdorf auf der alten Stammstrecke nach Jahrzehnten der Planung endlich wieder „ertüchtigt“ ist.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.