Der Springbrunnen "Kugelläuferin" zeigt eine Bronze-Statue auf einer Kugel, um die herum Wasser sprudelt.
Die Frohnauer Kugelläuferin – Foto: bod

Kunst als Kanonenfutter

Historisches – Kugelläuferin fiel dem Weltkrieg zum Opfer

Schon nach zehn Jahren endete die Kugelläuferin, die seit 1932 den Zeltinger Platz schmückte, als „Metallspende“ wegen des enormen Bedarfs an Rohstoffen, den die verheerende Materialschlacht des Zweiten Weltkriegs verursachte. Es dauerte rund vier Jahrzehnte bis zu ihrer Rückkehr. 

Die leicht abgewandelte Kopie fertigte Harald Haacke an, der vor 120 Jahren am 27. Januar 1924 in Wandlitz zur Welt kam. Er war Schüler des Bildhauers Richard Scheibe, von dem das Ehrenmal der Opfer des 20. Juli 1944 im Bendlerblock stammt. Haacke stellte sein Können als Restaurator bei der Renovierung des Schlosses Charlottenburg in den Siebziger Jahren unter Beweis. 

Bundeskanzler Helmut Kohl beauftragte ihn 1993 mit einem Werk von großer gesellschaftlicher Bedeutung: Die Neue Wache Unter den Linden sollte als „Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ dienen, die noch heute von vielen Staatsgästen aus der ganzen Welt aufgesucht wird. Für diesen Ort der Stille fertigte Haacke eine große Version der Bronzeplastik Pietà – Mutter mit totem Sohn – von Käthe Kollwitz an, die Haacke als junger angehender Künstler sogar einmal persönlich treffen durfte. Seine Variante der Pietà misst im Gegensatz zum 38 cm großen Original nun stolze 1,6 Meter.

Auch Medaillen gehören zu Haackes Werken, so etwa eine Ehrenmedaille der Freien Universität Berlin. In der Deutschen Oper Berlin finden sich zwei von ihm geschaffene Porträtbüsten aus Bronze. Seine Ehefrau, Brigitte Haacke-Stamm, war ebenfalls Bildhauerin. Von ihr stammt unter anderem der Tisch vor dem Kinderkrankenhaus in Wedding, an dem eine Familie gemeinsam mit einem Elefanten sitzt, und der Brezel- und Brotbrunnen in Moabit, der an die ehemalige Paech-Brotfabrik an dem Ort erinnert.

Die Originalskulptur, die für die heutige Kugelläuferin quasi Modell stand, ist ein Werk von Otto Maerker. Der 1891 in Schöneberg geborene Künstler ließ sich im Süden der Stadt nieder. Von Zehlendorf zog er schließlich nach Kleinmachnow, wo er auch nach dem Krieg wohnen blieb. Neben seiner Tätigkeit als Bildhauer hatte er in der frühen Ära des Films gearbeitet – zu den Streifen, an deren Ausstattung er mitgewirkt hatte, gehört der legendäre Stummfilm „Metropolis“.

Als ostdeutscher Künstler porträtierte er politische DDR-Größen wie Wilhelm Pieck. Für den Tierpark Berlin schuf er eine Büste des Zoologen Alfred Brehm. Dort sind auch weitere Werke von Maerker zu bewundern – ein von ihm kreierter Seelöwe balanciert auf einem Ball, der ebenso wie die Kugelläuferin als Brunnenfigur dient.

Die Witwe des 1967 verstorbenen Bildhauers stellte das Modell aus dem Nachlass ihres Mannes für die Herstellung der aktuellen Kopie zur Verfügung. Sie war auch bei der feierlichen Einweihung mit einem Weinfest im Sommer 1980 anwesend. In der Nacht zuvor war die Figur jedoch mit Schmierereien verunstaltet worden. 

Glücklicherweise war die Freiwillige Feuerwehr Frohnau früh genug zur Stelle, um die Skulptur von der Farbe zu befreien und einen ungetrübten Festakt zu ermöglichen. Die auch als „berühmteste Frohnauerin“ bezeichnete Skulptur wird ihren Platz hoffentlich nicht mehr so schnell räumen.

Boris Dammer