Ein Bus/Lkw, aufgenommen von hinten. Auf dem Heck ist eine Malerei von Pippi Langstrumpf zu sehen.
Der große Reinickendorfer Bücherbus – Foto: bod

Lesestoff auf Rädern

Der Große Bücherbus Reinickendorf rollt wieder

Eine gute Nachricht für alle Reinickendorfer Leseratten: Der Große Bücherbus ist seit Anfang September wieder regelmäßig unterwegs, nachdem er durch die Corona-Einschränkungen und krankheitsbedingten Personalausfall längere Zeit pausieren musste. Da Wissen heutzutage in Sekundenschnelle übers Smartphone abgerufen werden kann, erscheint die Idee von mobilen Büchern vielleicht etwas veraltet. Doch bekanntlich tun sich Kinder, die schon früh mit „echten Büchern“ in Kontakt gekommen sind, in der Schule leichter.

Zu den ersten Bibliotheken auf Rädern zählen Pferdewagen, die ab Mitte der 1850er Jahre einige ländliche Gemeinden in England mit Büchern zum Ausleihen versorgten. In Deutschland war Worms ab 1925 mit den ersten regelmäßigen Bücherbussen Vorreiter. Seit 1927 diente in München sogar ein Straßenbahnwaggon als Bibliothek auf Schienen, der allerdings 1970 seinen Dienst einstellte. In Schweden und Norwegen versorgen Schiffe – „bokbåten“ – Bücherfreunde an der Küste über den Wasserweg mit Lesestoff. Aber auch mit tierischer Unterstützung wird mancherorts Literatur verbreitet: In Kenia sind Kamele und im Hochgebirge von Venezuela Maultiere im Einsatz.

Ein für 2016 geplanter Fahrbibliothekskongress in Berlin mit einem Treffen vieler Fahrzeuge auf dem Tempelhofer Feld konnte hauptsächlich aus finanziellen Gründen nicht stattfinden. Drei Jahre später ging die Veranstaltung dann in Hannover über die Bühne und im September des vergangenen Jahres tagte der zweite Internationale Fahrbibliothekskongress in Cuxhaven. Die Fachkommission Fahrbibliotheken bot nebenGVorträgen für Beschäftigte aus der Branche auch ein buntes Programm für die Öffentlichkeit, zu dem 25 Bücherbusse aus verschiedenen Ländern angereist waren. Unter den Gästen aus zwölf Nationen kamen zwei Teilnehmerinnen sogar aus Nicaragua, die dort mit dem seit 1987 eingesetzten „Bibliobús Bertolt Brecht“ unterwegs sind.

Kongressorganisatorin Katrin Toetzke wollte mit der Veranstaltung Fahrbibliotheken in den Mittelpunkt rücken: „Zeigen, wie leistungsfähig wir eigentlich sind, weil wir auch gerne mal unterschätzt werden. Und hier kann man sehen, wie modern Fahrbibliotheken sind.“ Ein neues Gefährt hat natürlich seinen Preis: „Ein Bücherbus kostet inzwischen zwischen 500.000 und einer Million Euro je nach Ausstattung.“

Die Ansprüche an die Fahrzeuge sind mit der Zeit gestiegen – heute wird beispielsweise auf Bordtoilette, Klimaanlage und rollstuhlgeeigneten Eingang Wert gelegt.

Reinickendorf schrieb im März 2009 Geschichte, als es den ersten erdgasbetriebenen Bücherbus in Deutschland einsetzte. Der Bezirk hat zwei Fahrzeuge: Während der Kleine Bus ausschließlich Schulen anfährt, steht das Angebot des Großen Busses auch Erwachsenen offen.

Boris Dammer