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Manne soll nach 83 Jahren raus

Er ist müde und kaputt. Das Lächeln fällt ihm schwer, auch wenn er gerade wieder einen kleinen Sieg errungen hat – gemeinsam mit Anwohnern und Freunden. Manfred Moslehner, genannt „Manne“, wohnt seit fast 84 Jahren im Haus Nummer 3 der Straße Am Brunnen – und hätte sich nicht träumen lassen, dass er hier im hohen Alter noch ausziehen soll. „Ich bin hier oben geboren“, sagt er und zeigt auf das kleine Fenster im ersten Stock. Und nun, am 22. September um 10 Uhr, soll der Zwangsumzug erfolgen.

13 Jahre in Angst! Angst, das eigene Zuhause zu verlieren, ausziehen zu müssen aus den gewohnten Wänden. Das ist der schreckliche Alltag der Mieter der Siedlung am Steinberg, die auch Kleinkleckersdorf genannt wird. Denn seitdem die denkmalgeschützte Siedlung vom Land Berlin als Teil der GSW im Jahr 2010 an die „Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft mbH“ verkauft wurde, weht ein scharfer Wind durch die Straßen. Als „Stonehill Gardens“ sollten die kleinen Häuser in den Straßen Kehrwieder, Am Brunnen, An der Heide und Am Rosensteg nach einer umfassenden Modernisierung verkauft werden – für mehr als 1 Million Euro pro Haus. Einige Mieter der 62 Wohneinheiten sind bereits ausgezogen, andere mittlerweile verstorben. Doch die restlichen Mieter wollen nicht weichen und widersetzen sich vehement der Verdrängung. Und sie haben Unterstützung von Reinickendorfer Bürgern und aus der Politik.

Und so sind am 22. September auch viele mit Plakaten und Bannern vor Ort, die den Zwangsumzug verhindern wollen. Denn, zieht Moslehner einmal in die Ersatzwohnung in Lichterfelde, kommt er nie wieder hierher zurück. Nach Modernisierungsmaßnahmen würde die Miete der kleinen Wohnung nämlich um weit mehr als 1.000 Euro steigen – und Manne wäre obdachlos.

Auch wenn der lange Kampf an der Substanz nagt und zermürbend für die meist hoch betagten Mieter ist – die Mieterinitiative wird nicht aufgeben zu kämpfen, sondern widersetzt sich der Verdrängung – damit ihr Zuhause auch ihr Zuhause bleibt.

fle

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.