RAZ – Das Leitmedium für Reinickendorf.

Eine Gruppe Menschen in einer Küche
Christian Rädnitz, Thomas Mertens, Norbert Raeder und Antje Engel in dem Apartment für Frauen. Foto: bs

Mehr Schutz für obdachlose Frauen im Winter

Home & Care hat sechs Schlafplätze in der Gemeinschaftsunterkunft Finsterwalder Straße eingerichtet

Märkisches Viertel – Der Winter naht und damit auch lebensgefährlich kalte Nächte für Menschen ohne Unterkunft. Besonders Frauen sind gefährdet: Aus Angst vor Übergriffen meiden viele gemischte Schlafräume. Das war Thema auf der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Oktober. Der Verordnete Norbert Raeder (CDU) fragte den zuständigen Stadtrat Uwe Brockhausen (SPD) nach dem Stand der Vorbereitungen, insbesondere zu den Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen. 

Brockhausen konnte erfreuliche Nachrichten mitteilen. Sechs neue Plätze für weibliche Obdachlose werden in der Gemeinschaftsunterkunft Finsterwalder Straße von Home & Care eingerichtet, wo bereits 207 Wohnungslose eine Bleibe gefunden haben. Er dankte Raeder für seine vorausgegangene Arbeit. Dieser hatte zuvor schon mit Home & Care über die Plätze für die Frauen gesprochen und die Lösung vorbereitet. 

Bereits Anfang vergangenen Jahres war auf dem Gelände im Märkische Viertel eine weitere Idee von Raeder umgesetzt worden. Eine Wand mit Schließfächern, in denen Wohnungslose die wenigen für sie wertvollen Dinge deponieren können, ohne Angst zu haben, dass auch diese ihnen genommen werden. Die Schließfächer haben mittlerweile berlinweit Karriere gemacht. Andere Bezirke haben nachgezogen. 

Doch Raeder und Home & Care haben noch mehr gemeinsam vor. Vor der Wand mit den abschließbaren Schrankfächern trifft der Bezirksverordnete sich mit Antje Engel, Einrichtungsleiterin in der Finsterwalder Straße, Christian Rädnitz, Vorgänger von Engel und Thomas Mertens, Geschäftsführer der Home & Care Wohnungslosenhilfe gemeinnützige GmbH. 

Sie begrüßen einander wie alte Freunde. Zunächst wird das Apartment gezeigt, das gerade in dem ehemaligen Hotel „Rheinsberg am See“ im Souterrain als Notunterkunft für Frauen im Winter hergerichtet wird. Auf 46 Quadratmetern mit schmalen Fenstern gibt es Küche, Bad und Schlafraum, in dem bis zu sechs Personen unterkommen können. Mertens sagt aber: „Wir werden keine Frau im Winter abweisen.“ Engel fügt hinzu: „Wir müssen erst einmal Vertrauen schaffen.“ Früher waren hier die Umkleidungsräume für die Hotelangestellen. 

Der Bezirk zahle pro Übernachtung und pro Person etwas mehr als 10 Euro. Einige Bewohner wohnen schon seit Jahren dort. Die Übernachtungsplätze für Frauen, die vorübergehend Schutz vor winterlicher Kälte suchen, sollen den Bezirk aber nichts kosten, betont Geschäftsführer Mertens. Jetzt zieht es die kleine Gruppe in den vierten Stock, wo neue Pläne besprochen werden sollen. Oben angekommen, gibt es Kaffee. Mertens fragt: „Gibt es auch Bonbons für Norbert?“ Der lehnt zunächst ab, kann dann aber der Tüte mit Leckereien nicht widerstehen.

Mertens breitet Papiere auf dem Tisch aus. Er hat von den Tiny Houses für Obdachlose in Schönholz gehört. Er habe eine bessere Idee und zeigt Fotos sowie Konstruktionszeichnungen eines umgebauten Bauwagens. Dort findet ein Bett, kleiner Tisch und Stuhl Platz. Die ersten Exemplare sollen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eingesetzt werden. Die Wände seien aus Kunststoff, so dass der Schimmel – anders als in den kleinen Holzhäusern – keine Chance habe. Vier Wagen hätten allemal Platz auf dem Gelände in der Finsterwalder Straße und auch für eine Betreuung sei gesorgt. Sanitärräume könnten im Heim genutzt werden.

„Und was soll der Bezirk zahlen?“, fragt Raeder. Bei Kosten von 10.000 Euro pro umgebauten Bauwagen könne Mertens die Miniunterkünfte für etwa 13 Euro Tagessatz refinanzieren. Raeder zeigt Interesse und erwägt, das Projekt in die BVV einzubringen. Vielleicht hat Stadtrat Brockhausen bald erneut Gelegenheit, sich bei ihm zu bedanken.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.