Tegel – Aus dem Fenster seines Dienstzimmers im fünften Stock des ehemaligen Verwaltungsgebäudes des Flughafens Tegel überblickt Frank Wolters das gesamte Areal, auf dem seine Projekte gedeihen sollen. Er ist Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH, einer landeseigenen Gesellschaft, die mit der Nachnutzung des ehemaligen Flughafengeländes beauftragt ist.
Die Tegel Projekt GmbH wurde bereits 2011 gegründet, doch durch die Verzögerungen beim Bau des BER konnte die eigentliche Arbeit erst beginnen, nachdem im November 2020 das letzte Flugzeug in Richtung Paris startete. Wolters selbst kam 2023 von Paderborn nach Berlin, wo er zuvor in der Wirtschaftsförderung tätig war und viele Erfahrungen im Umgang mit politischen Entscheidungsprozessen sammelte. Auch in Berlin steht er regelmäßig mit dem Senat in Kontakt und berichtet über den Stand der Entwicklungsvorhaben.
In letzter Zeit geriet das Projekt durch Berichte über eine angeblich schleppende Entwicklung in die Kritik. Die RAZ hat deshalb bei Wolters nachgefragt.
Im Osten des Geländes soll das Schumacher-Quartier entstehen – ein neues Stadtviertel mit 5.000 Wohnungen für rund 10.000 Menschen. Doch bevor gebaut werden kann, müssen Kampfmittel aus dem Boden entfernt werden, die sich auf dem früheren Artilleriegelände befinden. Die Räumung komme gut voran, so Wolters. Der symbolische Spatenstich für die ersten Wohngebäude sei für das kommende Jahr geplant, der Einzug der ersten Mieter für 2028/2029. „Wir sind im Zeitplan“, betont er.
Etwas zurückhaltender wird er bei der Gesamtzahl der zu bauenden Wohnungen. Seit Jahren besteht ein Konflikt mit der Autobahn GmbH darüber, wie nah das Quartier an die unterirdischen Tunnel der Stadtautobahn heranrücken darf. Der erste Bauabschnitt wurde nun genehmigt – unter Einhaltung des festgelegten Sicherheitsabstands von 40 Metern. Die Verhandlungen über die weiteren Abschnitte laufen, die zum Teil den Abstand unterlaufen. „Wir befinden uns noch nicht zu 100 Prozent auf der Zielgeraden“, räumt Wolters ein. Eine endgültige Einigung steht aus. Und damit auch die verbindliche Zusage, dass tatsächlich alle 5.000 Wohnungen gebaut werden können.
ÖPNV-Anbindung bleibt ein Schwachpunkt
Unzufrieden zeigt sich Wolters mit der geplanten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr. Ursprüngliche Ideen für eine S- oder U-Bahn wurden verworfen. Stattdessen soll eine neue Straßenbahnlinie gebaut werden. Doch auch diese wird voraussichtlich nicht rechtzeitig zur geplanten Erstbelegung fertig. Aktuell steht das Jahr 2030 im Raum – ein Datum, an das kaum noch jemand glauben mag. Wolters nennt das „kritisch“ und sagt fast trotzig: „Wir brauchen eine greifbare Lösung bis zum Einzug.“
Kritik an den Zwischennutzungen des Geländes äußert Wolters nur indirekt. Zunächst wurde in Terminal C ein Impfzentrum eingerichtet, später folgte auf dem Vorfeld eine Zeltstadt für Tausende Geflüchtete. Vom Senat zugesagte Schließungstermine wurden mehrfach verschoben. Nach aktuellem Beschluss soll nun ein verkleinertes Ankunftszentrum bis 2031 bestehen bleiben. Wolters geht davon aus, dass der Tegel Projekt GmbH das Gelände danach – wie ursprünglich geplant – zur Verfügung stehen wird.
Beim Thema Berliner Hochschule für Technik (BHT) hellt sich sein Blick auf. Die soll in das denkmalgeschützte Terminal A einziehen – ein ambitioniertes Vorhaben, das durch Auflagen des Denkmalschutzes nicht befördert wurde. Lange war 2028 als Einzugsdatum im Gespräch, jetzt sagt Wolters entschlossen: „2030!“
Auch bei der Ansiedlung von Unternehmen im Bereich der alten Frachthallen gibt es Fortschritte. In den vergangenen zwölf Monaten stieg die Zahl der dort ansässigen Firmen von 29 auf 40 – eine Entwicklung, die er als „ganz gute Nachricht“ bezeichnet.
Persönliche Zukunft
ist noch offen
Frank Wolters ist ein abwägender Manager, der keine überzogenen Versprechungen macht. Auf seine eigene Zukunft angesprochen, verweist er auf anstehende Vertragsverhandlungen mit dem Aufsichtsrat im Herbst. Bekannt ist allerdings, dass er bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. September als Bürgermeisterkandidat in Paderborn antritt – aufgestellt von den Grünen, die ihn einstimmig zu ihrem Spitzenkandidaten gewählt haben.
Wolters selbst gibt sich zurückhaltend: Er wolle das Thema nicht weiter öffentlich kommentieren und betont nur, dass er seine Kandidatur mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, Berlins Bausenator Christian Gaebler, im Vorfeld abgestimmt habe.“