Bezirk – Von 17 Uhr bis fast Mitternacht hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im September getagt. Hauptsächlich wurde in diesen nahezu sieben Stunden der Haushalt des Bezirks für die Jahre 2026 und 2027 diskutiert und mit den Stimmen der CDU, Grüne und FDP beschlossen. Dagegen stimmten die Verordneten der SPD und der Linken. Die AfD hatte Enthaltungen angekündigt.
Mehr als 500 Seiten zum Haushaltsplan wurden zur Vorbereitung an die 55 Verordneten vorab geschickt. Im Podcast „RAZ aus’m Rathaus“ gibt Stefan Valentin als routinierte Haushaltsexperte der SPD zu, nicht jede Seite studiert zu haben. Er habe „ein bestimmtes Schema“, mit dem er die Seiten „überfliege“, um herauszufinden: „Stimmt da irgendetwas nicht?“
Gut gelaunt erzählt er im Podcast, was ihm an dem Haushalt und dessen Zustandekommen gar nicht gefallen hat. Es ging für die beiden Jahre um mehr als 1,8 Milliarden Euro für den Bezirk, die von der Senatsverwaltung zugeteilt werden. Letztlich gelang eine Einigung zwischen CDU, Grüne und FDP ohne die SPD. Ein paar Mal wurde an diesem BVV-Abend an Zeiten mit dem CDU-Bezirksbürgermeister Frank Balzer erinnert, der es immer wieder geschafft hatte, einen Kompromiss zwischen allen demokratischen Parteien zu finden. Das gelang dieses Mal nicht.
Die aktuelle Bezirksbürgermeister Emine Demirbüken-Wegner (CDU) sprach bei dem vorgelegten Haushalt von einer „auskömmlichen Finanzierung“. Valentin kann sich diesem Urteil in dem Podcast nur bedingt anschließen. Er attestiert aber dem die meiste Zeit von der CDU geführten Bezirk, dass er „jahrzehntelang gut gewirtschaftet“ habe. Er kritisiert, wie der Haushaltskompromiss ohne SPD zustande gekommen ist.
Das hatte bereits mit vielen Details sein Fraktionsvorsitzender Marco Käber (SPD) vor der BVV dargelegt. Dem Grünen-Verordneten Jens Augner rutschte bei seiner Entgegnung das Wort von der „beleidigten Leberwurst“ heraus. Das will Valentin im Podcast so nicht stehen lassen. Es gehe allen immer nur um den Bezirk und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Kommunalpolitik sei für ihn das Wichtigste, weil „kein anderer so nah am Bürger“ sei.
Fragen zu seiner Person und zu Reinickendorf beantwortet Valentin pointiert und locker. Hier ein Auszug:
Feiern Sie den Valentinstag?
(Lacht) Nein, der 14. Februar ist für mich nur ein Tag der Floristen.
Wer kann im Bezirk besser mit Geld umgehen – die CDU oder die Grünen?
Ich glaube, das ist parteiunabhängig. Die Antwort erstaunt vielleicht, aber die Partei spielt da keine Rolle. Ein guter Haushälter muss man sein, das muss man können.
Was mögen Sie lieber hören – Pop oder Rockmusik?
Rock!
Was unterscheidet Reinickendorf vom Rest von Berlin?
Der Unterschied in den Kiezen.
Was ist ihr Lieblingsplatz in Reinickendorf?
Das ist die Terrasse vor meinem Haus in Konradshöhe. Da habe ich meine Ruhe, da kann ich lesen, kann ich gucken und alles ist schön.
Was hat Sie im Bezirk zuletzt erfreut?
Das war der letzte Sturm, der ja viele Schäden in Reinickendorf hinterlassen hat. Aber mich hat die Hilfsbereitschaft unter den Bürgern gefreut, die so wieder zueinander gefunden haben. Die Hilfsbereitschaft hat wirklich funktioniert in den stürmischen Zeiten
Was hat sie geärgert?
Der letzte Haushalt.
Was muss unbedingt besser werden?
Das Thema Informationspolitik auf allen Ebenen. Das ist manchmal wirklich ein Problem. Man kann den Bürgern vieles, wenn nicht sogar alles zumuten, wenn sie besser informiert werden. Das ist ein allgemeines Problem in der Politik.
Beschreiben Sie Reinickendorf in drei Worten?
Ich habe vier: Erholung, Kultur, Wirtschaft und Shopping.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Bertram Schwarz