RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Ein Mann, eine Frau und ein Hund auf einem Sofa
Im Juni 2023 hat Natacha, hier mit ihrem Adoptivvater Michael, schon gegen den Krebs gekämpft – und den Kampf nun verloren. Foto: fle

Verein verliert sein Herzstück

Haiti Care e.V. trauert um Natacha Kaasch-Marseille

Waidmannslust – Eine Rundmail von Michael Kaasch, Vereinsgründer von Haiti Care, machte sicher viele sprachlos. „Natacha Kaasch-Marseille, unser Herzstück der Projekte in Haiti, hat – für uns unfassbar – für immer ihre Augen geschlossen. Sie ist ohne Schmerzen im Alter von nur 44 Jahren friedlich eingeschlafen, nachdem sie ihren Kampf gegen den heimtückisch metastasierenden Krebs verloren hat“.

Noch vor zwei Jahren habe ich sie getroffen in Waidmannslust. Da war sie bereits vom Krebs gezeichnet, aber optimistisch, die Krankheit zu besiegen.  Sie war immer optimistisch – wie auch die Kaaschs immer das Positive in allem sahen, nie aufgaben und immer weiter an ihrer Vision arbeiteten.

Begonnen hat alles mit einer Reise: Michael Kaasch und seine Frau Barbara flogen 1985 zum ersten Mal nach Haiti, und diese Reise veränderte ihr Leben. Denn die Geschichte der Insel und der Menschen, die hier leben, ließ sie nicht mehr los. Nicht nur durch ihre Patenschaft für ein kleines Mädchen – Natacha Marseille, die sie später sogar adoptierten.

Um den Menschen vor Ort zu helfen, gründete das Ehepaar 1992 den Verein Haiti Care e.V. Als erstes bauten sie eine eigene Schule mit Krippe und Kindergarten auf, die bis 1995 bereits auf 200 Schüler angewachsen war. Dann kam eine Näh- und Computerschule hinzu. Hilfe zur Selbsthilfe war die Devise. Als Natacha erwachsen war und aus dem SOS-Kinderdorf-Projekt ausschied, wurde sie kurzerhand als Sekretärin für Kommunikation und Patenschaften in der Schule eingesetzt. Natacha bildete sich fort, lernte spanisch, bestand die Aufnahmeprüfung an der Uni und erhielt ein Stipendium der Montessori-Stiftung.

In nur einem Jahr absolvierte sie ein dreijähriges Studium und baute 2004 ihre eigene Schule auf – mit anfangs zehn Kindern. Später wurden hier 200 Kinder im Alter von eineinhalb bis 13 Jahre von insgesamt 30 Angestellten beaufsichtigt, versorgt und unterrichtet. Hinzu kam ein Waisenhaus. Auch eine Zisterne wurde gebaut – mit Hilfe der „Engineers without Borders“ aus Karlsruhe. 

Im Januar 2010 dann das Erdbeben, das die Ärmsten der Armen noch ärmer machte. Und auch das Projekt der Kaaschs hat gelitten, das Schulgebäude ist zusammengebrochen. Aber die Schule wurde wieder aufgebaut, und sogar eine Caféteria eröffnet. Ein Waisenhaus kam hinzu, zudem Kita und Krippe.

Dann kam Hurrikan Mathew und hat erneut Teile von Haiti zerstört. Doch die Kaaschs ließen sich nicht unterkriegen. Mit ihrem kleinen Verein sammelten sie immer wieder Spenden und vergrößerten ihre Schule. 

2020 starb Barbara Kaasch im Alter von 72 Jahren nach schwerer Krankheit, seitdem engagiert sich Ehemann Michael allein weiter – mit Unterstützung seiner Vereinsmitglieder, treuen Freunden und Natacha und ihrer Familie.

Seit zwei Jahren kontrollieren in der Hauptstadt Port-au-Prince kriminelle Gangs die Straßen. Das Stadtviertel Carrefour Feuilles, in dem sich ihre Schule und das Waisenhaus befinden, wurde von einer dieser Gangs eingenommen, die Schule lag in Trümmern. Und wieder stand der Verein vor dem Nichts. 

Nun hat Natacha den Kampf gegen den Krebs verloren. „Das ist vor allem für die Kinder und Jugendlichen, aber auch die Mitarbeiter der Schule schwer zu ertragen, verlieren sie doch mit Natacha eine so sehr wichtige, prägende Bezugsperson“, sagt Michael Kaasch. „Aber wir werden weitermachen und Geist und Vision Natachas‘ in ihrem Sinne weiterführen – dazu sind wir verpflichtet, das wollen und werden wir!“

Spendenkonto:  
HaitiCare e.V. Commerzbank AG, Berlin, Stichwort: Natacha
IBAN: DE70 1004 0000 0877 0000 00
BIC: COBADEFFXXX

Christiane Flechtner

Christiane Flechtner ist seit mehr als 30 Jahren als Journalistin und Fotografin in Reinickendorf und auf der ganzen Welt unterwegs. Nach 20 Jahren bei der Lokalzeitung Nord-Berliner ist sie seit der ersten Ausgabe mit im Team der Reinickendorfer Allgemeinen Zeitung und anderer Verlagsmedien. Sie arbeitet außerdem als freie Journalistin und Fotografin bei „Welt“, Berliner Zeitung und anderen Zeitungen in Deutschland, Österreich und Luxemburg sowie für u. a. Reise-, Wander- und Tiermagazine.