Tegel – Zaun oder nicht Zaun? Das ist am Flughafensee die große Frage. „Schildbürgerstreich“ schimpft eine Spaziergängerin, die auf einem steilen Trampelpfad am See bei einem Spaziergang die Aussicht genießt. „Hier wurde viel Geld rausgeworfen“, sagt eine andere. Ein Zaun ist Stein des Anstoßes, der erst gebaut und nun wieder entfernt wurde.
Gefährliche Uferböschung am tiefsten See Berlins
Hintergrund: Der Flughafensee ist mit 34 Metern das tiefste stehende Gewässer Berlins. Er wurde von Menschenhand gemacht und entstand aus einer Kiesgrube. 1953 bauten hier die Märkischen Kies- und Sandwerke Kies und Sand für die West-Berliner Bauwirtschaft ab. Auch für den Bau der Autobahn, des Flughafens und das Märkische Viertel wurde das Material genutzt. Und so dehnte sich die Grube innerhalb von 20 Jahren immer weiter aus und füllte sich mit Grundwasser. Doch seine Tiefe und die steilen Böschungen stellen nun ein Problem dar, denn sie drohen abzurutschen. Vor allem die illegal angelegten Badestellen wie der FKK-Strand befinden sich in sehr steilen Uferbereichen.
Sicherheitsbedenken und erste Maßnahmen
Das Thema ist nicht neu: Schon Ende 2021 wurde in einem Gutachten auf die mangelnde Standsicherheit im Nordostbereich des Flughafensees hingewiesen – und das Bezirksamt aufgefordert, entsprechende Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen. Denn das Flughafensee-Gebiet befindet sich zwar im Besitz der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesimmobilienverwaltung BImA, doch der Bezirk habe die Aufgabe, für die Sicherheit zu sorgen.
Warnschilder wurden aufgestellt und Absperrungen geplant. 2022 wurde dann die Öffentlichkeit informiert. Das Thema wurde außerdem in den Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) besprochen.
Entscheidung für den Zaun – und gegen ihn
Noch zu Beginn des letzten Jahres war die Aussage von Julia Schrod-Thiel, Stadträtin für Ordnung, Umwelt und Verkehr, eindeutig und unmissverständlich: Die Verkehrssicherheit lasse kein Ermessen zu, es gehe um Lebensgefahr, und der Zaun werde gebaut. Das geschah dann auch, nachdem die Warnhinweise von den Menschen missachtet wurden.
Es war vorgesehen, am Nordufer des Flughafensees zirka 600 Meter des Ufergebietes einzuzäunen. Tatsächlich wurde der Zaun jedoch nur auf einer Länge von etwa 200 Metern errichtet. „Seit Beginn des Zaunbaus wurden die Arbeiten massiv durch Vandalismus beeinträchtigt“, erklärt Schrod-Thiel.
Ein Zaun für 85.000 Euro – und sein Rückbau
„Dabei wurden sowohl der Bauzaun, der die Baumaßnahme schützen sollte, als auch der bereits errichtete Zaun erheblich beschädigt. Es war absehbar, dass sowohl der Bau als auch der spätere Erhalt der Zaunanlage nur mit erheblichem zusätzlichen Personal- und Objektschutz sowie schwer kalkulierbaren Kosten möglich wären.“ Daher sei Ende 2024 entschieden worden, den Zaun nicht weiterzubauen und den bestehenden Abschnitt zurückzubauen. Die abgebauten Materialien werden eingelagert und an anderer Stelle im Bezirk eine Wiederverwendung finden.
Die ursprünglichen Kosten des gesamten Zauns belaufen sich auf rund 80.000 Euro, der Rückbau des Zauns schlägt mit etwa 5.000 Euro zu Buche.
Neue Warnschilder und weitere Maßnahmen geplant
Auf die Gefahr weisen nun wieder Warnschilder hin, die im Abstand von jeweils 25 Metern aufgestellt sind. „Zur Gefahrenvermeidung beziehungsweise Minimierung der bestehenden Gefahr werden aktuell weitere Maßnahmen geprüft, darunter eine verstärkte Aufklärung der Besucherinnen und Besucher sowie eine mögliche Einbindung des Ordnungsamts zur effektiveren Durchsetzung des Betretungsverbots“, heißt es seitens des Bezirksamtes.
Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Gefahrenzone betritt, kann für die Kosten eines Rettungseinsatzes haftbar gemacht werden. Eine Abtragung der Uferböschung ist nicht praktikabel, wie die Stadträtin erklärt: „Zur Herstellung der Standsicherheit ausgewählter Uferböschungen am Flughafensee aus dem Jahr 2022 betragen die geschätzten Sanierungskosten 1,7 Millionen Euro. Es wird darauf hingewiesen, dass ein Abtrag der Böschung zu einem massiven Eingriff in die Vegetation führen würde, was dem Landschaftsschutzgedanken widerspricht. Der gesamte Nordhang müsste mit den Gehölzen abgetragen werden. Ob eine Genehmigung des Vorhabens durch das Umwelt- und Naturschutzamt erteilt werden würde, ist fraglich. Darüber hinaus stehen Kosten und Nutzen in keinem ausgewogenen Verhältnis“, fügt sie hinzu.