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Wird auch auf der Berlinale 2020 wieder erwartet: Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett. (Bild: bod)

Wie im Flug – 70 Jahre Berliner Filmfestspiele

Berlin/Tegel – Zur Geschichte der Berlinale gehören zwar auch die Schwarz-Weiß-Fotos von Leinwandlegenden wie Gary Cooper und Sophia Loren bei ihrer Ankunft am Flughafen Tempelhof. Doch die deutlich längere Zeit – ein halbes Jahrhundert lang – begann das Filmfest für die internationalen Gäste in Tegel am TXL. Dort warteten die Limousinen, und die Stars wurden augenblicklich von Presse und Autogrammjägern belagert. Die Boulevardblätter vermeldeten aufgeregt, dass George Clooney sein Gepäck eigenhändig zum Auto brachte, oder lichteten Jane Fonda mit einem bunten Tulpenstrauß ab.

Die Berlinale ist übrigens die Erfindung eines Amerikaners namens Oscar. Der jüdischen US-Filmoffiziers Oscar Martay hatte die Idee, Westberlin mit diesem Filmfest als „Schaufenster der freien Welt“ zu präsentieren und etwas Glanz in die noch stark vom Krieg gezeichnete Stadt zu bringen. Am 6. Juni 1951 wurde im Titania-Palast in Steglitz die Berlinale mit den Philharmonikern und dem Hitchcock-Thriller „Rebecca“ feierlich eröffnet. Im Rampenlicht stand die umjubelte Hauptdarstellerin Joan Fontaine, die 1982 noch einmal als Vorsitzende der Wettbewerbsjury in die Stadt kam.

Der Zuspruch aus der Bevölkerung war von Anfang an enorm. Beliebt waren besonders die Vorführungen in der Waldbühne. Vor dem Film brachte ein Tanzorchester die 20.000 Zuschauer in Stimmung. Erst 1978 wurde der Termin vom Sommer in den Februar verlegt, um sich weniger mit Cannes in die Quere zu kommen.

Der erste Festivalleiter war bis 1976 Alfred Bauer. Nach seinem Tod wurde 1987 erstmals der Alfred-Bauer-Preis verliehen. Aufgrund seiner Rolle im NS-Regime als SA-Mitglied und Mitarbeiter der Reichsfilmkammer, die vor einigen Wochen nach einem Artikel in der „Zeit“ für Aufsehen gesorgt hatte, wurde der Preis ausgesetzt.

In den Zeiten der Studentenunruhen der Sechziger wurde das Filmfest immer lauter als zu kommerziell kritisiert. In dieser politisch aufgeheizten Stimmung kam es zum einzigen Abbruch des Festivals in seiner Geschichte – 1970 blieb die Preisvergabe aus. Die Jury wollte den Beitrag „o.k.“ von Michael Verhoeven noch einmal überprüfen lassen, weil der Film ihrer Meinung nach nicht die Völkerverständigung fördere, wie es die Wettbewerbsstatuten verlangten. Zu einem ähnlichen Skandal kam es 1986, als die Jury-Vorsitzende Gina Lollobrigida bei der Preisverleihung öffentlich erklärte, gegen den Siegerfilm „Stammheim“ gestimmt zu haben.

Auch aufgrund des Abbruchs von 1970 entstand 1971 zusätzlich zum Wettbewerb die Rubrik „Forum des jungen Films“, in der bis heute weniger konventionelle Werke vorgestellt werden. Unter dem Motto „Berlinale goes Kiez“ werden seit zehn Jahren Festivalfilme in einigen ausgewählten Bezirkskinos gezeigt. In diesem Rahmen ging es 2018 erstmals hinter Gefängnismauern, in der JVA Tegel stellte der Regisseur persönlich „Das schweigende Klassenzimmer“ vor.

Dieses Jahr übernimmt ein Duo die Leitung: Der Italiener Carlo Chatrian, der seit 2012 dem Filmfestival in Locarno vorstand, ist künstlerischer Leiter und die Niederländerin Mariette Rissenbeek Geschäftsführerin. Nach dem beliebten Direktor Dieter Kosslick, der letztes Jahr seinen Hut nahm, gibt der Flughafen Tegel mit der An- und Abreise von Stars wie Jeremy Irons oder Helen Mirren in diesem Jahr seine Abschiedsvorstellung.

Boris Dammer

Helen Mirren erhält 2020 den Golden Ehrenbären für ihr Lebenswerk.

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Hugh Jackman stellte 2017 „Logan: The Wolverine“ auf der Berlinale vor.

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Willem Dafoe und der ehemalige Festivaldirektor Dieter Kosslick.

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Andrea Becker