„Hier sieht es ja aus, wie in einem Kurort“, stellt die Frau des Protagonisten aus „Frühjahr 45“ bei ihrer Ankunft in Frohnau fest, genau genommen in Föhren. Der Autor Karl Friedrich Borée schrieb zwar einen autofiktionalen Roman anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen, dichtete aber einige Namen um. So tauchen als Nachbarorte auch nicht Hermsdorf, Glienicke oder Wittenau sondern Heinersdorf, Kierow und Blumenau auf. Ganz unverblümt ist jedoch von Tegel, Spandau und der Jungfernheide die Rede.

Frei erfunden: Rheinallee und Moselstraße
Auch die Rheinallee und die Moselstraße sind frei erfunden. Wobei letztere an den Romantitel „Quartier an der Mosel“ erinnert – Borées Roman von 1936 über die Sinnlosigkeit des Ersten Weltkriegs wurde ein Jahr später als „unsoldatisch“ verboten.
Frohnau war dem Schriftsteller schon bekannt, da er 1919 für kurze Zeit in der dortigen Stadtverwaltung beschäftigt war. Im Roman „Frühjahr 45“ macht er aus seiner realen Familie die Familie Stein, wobei er eine zweite Tochter unterschlägt. Nachdem das Haus der Steins im Zentrum durch einen Luftangriff zerstört wurde, erfuhren sie durch eine Bekannte von einer geräumigen Villa im Norden Berlins, dessen Besitzer sich bereits aus der umkämpften Hauptstadt abgesetzt hatte. Die resolute Haushälterin Fitta hält dort eisern die Stellung; ihre gut gehüteten Vorräte und ein großzügig gefüllter Weinkeller helfen der Zwangsgemeinschaft beim Überleben. Trotz der ständigen Angst, noch in den letzten Tagen im Widerstand verheizt zu werden, und trotz des täglichen Kampfs um Nahrungsmittel, ist sich der Protagonist bewusst, „dass wir am Rand der Ereignisse lebten, in unserem entlegenen Gartenvorort“.
Als Stein seine ausgebombte Sekretärin mit einquartiert, kommt es zu emotionalen Konflikten.
Sorgen und Nöte, aber auch nette Begegnungen
In abendlichen Gesprächen mit seinem Freund Schwebel, der im Nachbarort untergekommen ist, erörtert Stein moralische Fragen. Beide sind sich zwar einig in ihrer Verachtung für die NS-Ideologie, streiten jedoch darüber, welche Lehren aus diesen politischen Verbrechen für die Zukunft des Landes gezogen werden müssten.
Der Einmarsch der sowjetischen Truppen und die spätere Besatzung durch die Franzosen stellt die Familie vor neue Herausforderungen. Borée schildert neben den Sorgen und Nöten mit den Alliierten, auch die oft überraschend freundlichen Begegnungen mit einzelnen Armee-Angehörigen.
Sein „Frühjahr 45“ erschien 1954, stieß jedoch weder bei den Lesern noch bei der Kritik auf Begeisterung – ganz im Gegensatz zu seinem Debüt „Dor und der September“ von 1930, mit dem der damals 44-jährige Jurist einen Überraschungserfolg landete. Für seine Karriere als Schriftsteller tauschte er seinen Nachnamen Boeters mit dem seiner Großmutter, Borée.
Ein Jahr nach Kriegsende trat er der SPD bei. Er war der erste Vorsitzende des Unabhängigen Berliner Schriftsteller-Verbandes. Zudem schrieb er für den Tagesspiegel unter anderem Theaterkritiken. Am 28. Juli 1964 starb er in Darmstadt, wo er für die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung tätig war. Drei Jahre vor seinem Tod hatte er das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik erhalten.