Tegel – Die Freude über die neuen Wertstofftonnen mit gelbem Deckel währte im Plettenberger Pfad, Nordhellesteg und benachbarten Straßen im sogenannten Waldidyll nur kurz. Regine und Thorsten Strelow bekamen im Oktober die riesigen, nagelneuen Tonnen vors Haus geliefert und im November schon den Brief von ALBA. Über den Gartenzaun wurde er gereicht. Alles zurück zum gelben Müllsack, die gelbe Tonne werde wieder abgeholt. Eine Rolle der wenig geliebten gelben Säcke kam gleich mit dem Brief. Dieser bleibt vage und schreibt von einem „Beschluss des Berliner Senates“. Und weiter: „In Absprache mit dem Senat und den Dualen Systemen als unseren Auftraggebern sehen wir uns deshalb gezwungen, die Sacksammlung für Ihre Straßen wieder einzuführen.“ Als Begründung heißt es, dass „Ihre Straße sehr eng“ sei.
Richtig, die Straßen sind eng. Das ist seit den 1930er Jahren so, als die Siedlung gebaut wurde. Der Großvater von Thorsten Strelow hat damals den Wald eigenhändig gerodet und auf dem Gelände sein Haus errichtet. „Völlig idiotisch“ findet es Thorsten Strelow, was sich ALBA da mit dem Hin und Her innerhalb weniger Wochen leiste. Auf der Website von dem Entsorger heißt es so schön: „ALBA nimmt die logistische Herausforderung an, betroffene Gebiete in ihrer Zuständigkeit in nur vier Monaten mit über 200.000 neuen Tonnen auszustatten.“
Regine Strelow ist genauso wütend wie ihr Mann. Die gefüllten Säcke sollen sie zudem noch an einer bestimmten Straßenecke deponieren und nicht vor dem eigenen Haus ablegen. Sie befürchtet, dass sich wieder „Krähen, Waschbären und Füchse“ über die Säcke hermachen und den ganzen Unrat verteilen. Sie schaltete Jörg Stroedter (SPD) ein, Vertreter für Reinickendorf im Abgeordnetenhaus Berlin. Dieser habe die zuständige Senatorin sowie ALBA angeschrieben. Von ALBA erhielt er zwischenzeitlich eine Antwort mit dem Hinweis auf die beengten Straßenverhältnisse. Auch Stroedter ist über die Vorgehensweise von ALBA verärgert. Er schreibt der RAZ: „Mir ist diese Argumentation der Firma Alba insofern nicht verständlich, als dass Alba die Straßensituation im Waldidyll bereits seit Jahren kennt“. Als Konsequenz fordert er: „Ein Wechsel zu einem anderen Vertragspartner, der diese Vereinbarungen erfüllen kann, wäre ein konsequentes bürgernahes Verhalten.“
Eine Straße weiter regt sich Petra Behringer über das Zurück zu den empfindlichen gelben Säcken auf. Auch sie hat den ALBA-Brief bekommen und gleich „zwei-, dreimal versucht dort anzurufen“. Sie landete nur auf einem Anrufbeantworter, woraufhin sich keiner meldete. Ihre darauffolgende Mail lief ebenfalls ins Leere. Auch hier fasste die RAZ beim Leiter der ALBA-Unternehmenskommunikation nach. Matthias Hochstätter antwortete sofort und verwies auf „das Regelwerk der zuständigen Berufsgenossenschaft“, was enge Straßen angehe.
Kein Wort darüber, dass ALBA immerhin die gelben Tonnen ausfahren konnte, die BSR regelmäßig die Straßen befährt und neue Häuser mit großen Kränen und Baufahrzeugen in dieser Gegend erstellt werden. Außerdem möge sich der Fragesteller an die zuständige „Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt wenden“.
Kurz vor Weihnachten wird die Anfrage an die Pressestelle der Senatsverwaltung gestellt und fast postwendend kommt nach den Feiertagen die Antwort vom stellvertretenden Pressesprecher Michael Herden. Die Senatsverwaltung habe „bereits Kenntnis über massive Probleme mit der Wertstoffentsorgung in Gebieten/Straßen, in denen kürzlich die Sacksammlung auf eine Sammlung in Müllgroßbehältern (MGB) umgestellt wurde und nun zur Sacksammlung zurückgegangen werden soll.“ Immerhin, Problem anscheinend erkannt. Aber verantwortlich zeigt sich auch die Senatsverwaltung nicht. Sie verweist für Reinickendorf auf die weit entfernte NOVENTIZ Dual Gmbh in Köln. Dieser Betreiber des dualen Systems habe das Unternehmen ALBA beauftragt. Nun gut, da waren wir schon.
Auch die NOVENTIZ bekommt eine Mail von der RAZ, hat aber bis Redaktionsschluss nicht reagiert. Den Anwohnern in Tegel Süd hilft dieser Ringelpiez der beteiligten Firmen und Behörden nicht. Sie müssen ihren Müll wieder in die dünnen, empfindlichen Plastiksäcke stopfen, die sie so gern vergessen hätten. Petra Behringer hat einen Verdacht, warum die ALBA-Fahrzeuge nicht mehr zu ihnen in die Straßen kommen: „Die machen das, um Geld zu sparen“.