RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Seit 2021 die pädagogische Leiterin: Nadine Weiß Foto: fle

Ein Lernort im Grünen

In der Gartenarbeitsschule die Natur entdecken

Tegel – Als der warme Sommerwind sanft über die Gräser hinwegweht, ist ein leises Rascheln zu hören. Schmetterlinge flattern durch die Luft und setzen sich auf die bunten Blüten, die in unterschiedlichsten Farben um die Wette leuchten. Keine Frage – die Gartenarbeitsschule Reinickendorf am Billerbecker Weg 123 a ist bunt. Nachdem sie 2018 wiedereröffnet wurde, ist viel gepflanzt, gepflegt und gegosssen worden – und so hat sich die 10.000 Quadratmeter große Fläche in ein Naturparadies verwandelt. 

Nadine Weiß, die die pädagogische Leitung der Gartenarbeitsschule Reinickendorf innehat, Gartenmeisterin Änne Nemitz (Foto unten)und Pädagogin Hiltrud Steffen nehmen mich mit auf einen kleinen Spaziergang durch die Anlage und zeigen stolz, was sie in nur einem Jahr geschaffen haben, um die Gartenarbeitsschule als grünen Lernort für kleine und große Reinickendorfer noch interessanter zu machen. Schließlich ist es das Ziel, durch die verschiedenen Angebote das Umweltbewusstsein bei den jungen Besuchern und Besucherinnen zu wecken und zu fördern. 

Mit der Gartenarbeitsschule hat alles im Jahr 1955 an einem geschichtsträchtigen Ort begonnen: Hier auf dem Gelände befand sich nämlich von 1942 bis 1945 ein Zwangsarbeiterlager am Krumpuhler Weg, das mit einer Belegungskapazität von 1.500 Menschen zu den großen Lagern in Berlin gehörte. Nach 1945 wurden die Gebäude kurz zu schulischen Zwecken und ab 1950 als Heim für „schwer erziehbare Mädchen“ genutzt. 

Doch 1955 folgte die Umgestaltung des Areals zu einer Gartenarbeitsschule mit Arboretum. Doch die Gartenarbeitsschule wurde vor rund drei Jahrzehnten geschlossen. Dennoch – die gärtnerische Anlage als auch die Baracken wurden in den 1990er Jahren unabhängig voneinander unter Denkmalschutz gestellt. „Seit 2016 ist jeder Bezirk laut Schulgesetz dazu verpflichtet, eine Gartenarbeitsschule zu betreiben, und so wurde die Gartenarbeitsschule Reinickendorf 2018 am Standort der alten Gartenarbeitsschule wiedereröffnet“, erklärt die 42-Jährige. Es handelt sich dabei um eine Einrichtung des Bezirksamtes Reinickendorf, Abteilung Bildung, Sport, Kultur und FM, und wird in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie betrieben. Nadine Weiß selbst hat 2021 ihre Tätigkeit in der Gartenarbeitsschule im Fuchsbezirk aufgenommen und einige Ideen bereits anschieben und umsetzen können. 

Mittlerweile kommen Grundschulklassen regelmäßig mit ihren Lehrern hierher, um diesen besonderen Lernort zu nutzen. „Wir vermitteln die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Mensch und Natur und nehmen die globalen Dimensionen in Bezug zu Berlin auf. Dazu gehören beispielsweise die Klimaveränderungen und -anpassungen in Großstädten und Biodiversitätsstrategien“, erklärt die Leiterin. „Unsere Bildungsarbeit basiert dabei auf einem toleranten, respektvollen und wertschätzenden Umgang von Menschen in der Natur.“ Kinder können bereits Tiere, Pflanzen oder Pilze erforschen, leckeres Kräutersalz oder eigene Kräuterbutter und selbst gepflückten Kräutersalat selbst herstellen, oder am Feuer etwas Gesundes aus dem Garten kochen – je nach Saison.

„Hier waren die Bereiche komplett zugewachsen“, sagt sie und zeigt auf eine Fläche im hinteren Bereich des Geländes. „Hier hat Änne Nemitz Flächen freigelegt und begradigt, um sie nun neu zu gestalten.“ So konnte im zukünftigen „Garten der Sinne“ Platz geschaffen werden für eine besondere Bepflanzung und das Aufstellen von Outdoor-Klanginstrumenten. „Dazu gehören unter anderem eine Tanzsaite, mit der man eine Melodie „tanzen“ kann, eine Wasserspringschale, die durch Reiben an den Griffen das Wasser in ihrem Inneren zum Springen bringt, und ein Waldxylophon mit zehn Tönen“, sagt die pädagogische Leiterin. Die Instrumente sollen zusammen mit einem Balancierpfad den bereits vorhandenen Barfußpfad am japanischen Teehaus ergänzen.  Ab dem nächsten Schuljahr werde außerdem ein Wildbienenlehrpfad die Besucher über die verschiedenen Lebensbereiche des Gartens informieren. 

Wir gehen weiter, und Änne Nemitz freut sich, dass ihre Pflanzungen erste Früchte tragen: „Die Tomaten sind noch nicht ganz reif, aber bald können sie geerntet werden“, sagt sie. 

Unterstützung erhielt die Gartenmeisterin von drei Freiwilligen im Ökologischen Jahr. Sie haben nicht nur Beete angelegt, sondern auch Regale gebaut, und den Kleingruppenraum sowie den Ruheraum renoviert. Außerdem haben sie Teilgruppen in Projekten angeleitet, Kräuter und Blüten für die Projekte geerntet und bei der Neupflanzung von Bäumen und der Bewässerung unterstützt. „Nun hoffen wir auf weitere motivierte Freiwillige im Ökologischen Jahr ab September und bieten hierfür vier Stellen an, aber auch ehrenamtliche Helfer aus der Nachbarschaft sind willkommen, sich bei uns zu engagieren“, sagt Weiß. Wer Interesse hat, kann sich per Mail an gartenarbeitsschule@reinickendorf.berlin.de oder per Telefon unter 01511 62 53 611 melden. Weitere Infos gibt es unter www.gartenreinickendorf.de

Christiane Flechtner

Christiane Flechtner ist seit mehr als 30 Jahren als Journalistin und Fotografin in Reinickendorf und auf der ganzen Welt unterwegs. Nach 20 Jahren bei der Lokalzeitung Nord-Berliner ist sie seit der ersten Ausgabe mit im Team der Reinickendorfer Allgemeinen Zeitung und anderer Verlagsmedien. Sie arbeitet außerdem als freie Journalistin und Fotografin bei „Welt“, Berliner Zeitung und anderen Zeitungen in Deutschland, Österreich und Luxemburg sowie für u. a. Reise-, Wander- und Tiermagazine.