zwei Feuerwehrmännder im Wald
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„Wir löschen, anstatt zu labern“

Besser als mit dem Slogan der Berliner Feuerwehr „Wir löschen, anstatt zu labern“ kann man das Sinnstiftende eines Ehrenamts wohl kaum ausdrücken. Denn in der Millionenstadt Berlin engagieren sich ungefähr 1.500 Ehrenamtliche in den 58 Freiwilligen Feuerwehren, um Mitmenschen in akuter Not zu helfen.

Auf der Internetseite www.dein-einsatz.berlin können sich Interessierte über das wichtige Ehrenamt in den Freiwilligen Feuerwehren informieren und direkt Kontakt zu den Wachen in Wohnortnähe aufnehmen. „Gerade in solchen Randbezirken wie Tegelort ist es sehr wichtig, immer wieder Engagierte für die Freiwillige Feuerwehr zu finden. Voraussetzung ist die Bereitschaft innerhalb von vier Minuten zur Wache zu eilen, nachdem der Pager einen Einsatz gemeldet hat“, erzählt Gordion Scholz, der als Wachleiter den Einsatzablauf stets gewährleistet.

Der 39-Jährige hat bereits als Zwölfjähriger bei der Freiwilligen Feuerwehr in Tegelort angefangen. Daraus entstand nach dem Abitur an der Salvatorschule recht schnell der Wunsch, auch hauptberuflicher Feuerwehrmann zu werden. „Aufgrund des dörflichen Wohnumfeldes ist es uns besonders wichtig, eine schnelle Nachbarschaftshilfe anzubieten, auch um die Feuerwehrwache in Tegel entlasten zu können“, schildert der gebürtige Tegelorter weiter.

„Wir wurden im letzten Jahr zu 199 Einsätzen gerufen. Der besondere Reiz liegt auch darin, dass wir mit unserem Mehrzweckboot zu Notfällen auf den Inseln im Tegeler See ausrücken und auch jedes Jahr den ein oder anderen Bootsbrand löschen.“ Im Moment wirken bei der Freiwilligen Feuerwehr in Tegelort 30 Feuerwehrleute mit – davon drei Feuerwehrfrauen – und in der Jugendfeuerwehr, die am Tag der offenen Tür (13. Juni) ihr 30-jähriges Jubiläum feiert, sind von den 22 Freiwilligen vier weiblich. Eine davon ist die 17-jährige Konradshöherin Annica Höftmann, die seit acht Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr in Tegelort hilft und sich seit November 2018 als Landesjugendsprecherin bei der Feuerwehr einsetzt.

„Der Reiz für mich am Ehrenamt ist eigentlich die Freude, die andere dadurch bekommen. Ich weiß noch selber, wie mir die Dinge einfach ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben, als ich ganz klein war. Das heute auch selber für andere zu tun, macht mich einfach stolz und glücklich. Etwas zu tun und wissen, dass es gut ist“, beschreibt sie ihre Motivation. „Außerdem schätze ich sehr die Gemeinschaft und die Leute, die ich durch das Ehrenamt kennen lerne“, schwärmt die Scharfenberg-Abiturientin weiter. Darüber hinaus engagiert sie sich seit 2016 als Landesjugendsprecherin des Schützenverbands Berlin-Brandenburg. Höftmann will künftig noch mehr Jugendliche für den Schießsport und das Ehrenamt begeistern. Dafür hat sie sich unter anderem das „Shootycorn“ als Maskottchen ausgedacht – ein schießendes Einhorn, das die jüngere Generation ansprechen soll. „Wir wollen jünger und moderner auftreten“, sagt sie und hat dadurch schon einige Jugendliche gewinnen können.

Um gezielt auch jüngere Menschen für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu begeistern, unterstützt das Bezirksamt alle Bemühungen des Reinickendorfer Ehrenamtsbüros, das 1996 als erstes seiner Art in Berlin gegründet wurde. Vorgestellt dafür wurde die neue Imagekampagne „Miteinander füreinander da“ auf der traditionellen Ehrenamtsweihnachtsfeier im Dezember 2019, zu der alljährlich Bezirksbürgermeister Frank Balzer viele Engagierte einlädt, um besondere Wertschätzung auszudrücken: „Tausende ehrenamtliche Helfer engagieren sich in Reinickendorf und leisten selbstlos großartige Arbeit für unser Gemeinwesen. Sie alle haben Respekt und Anerkennung verdient!“ Menschen helfen und gemeinsam Freude haben – darum geht es. Auf Plakaten im öffentlichen Nahverkehr, in Kinospots, bei YouTube und Facebook sowie auf einer modern gestalteten Webseite wird das Ehrenamt im Fuchsbezirk stellvertretend für tausende Freiwillige durch sechs Beispiele beworben: Nick von der Johanniter-Unfall-Hilfe, Rebecca vom Technischen Hilfswerk, Ute von der Apostel-Petrus-Gemeinde, Florian von der Freiwilligen Feuerwehr, Frank vom Sportclub Borsigwalde sowie Verkehrshelferin Ines aus Frohnau. Welche unglaublichen Storys sich dahinter verbergen, kann man unter www.ehrenamt-reinickendorf.de/kampagne-reinickendorf nachlesen. Wer ebenfalls glaubt, dass Ehrenamtliche viel mehr Aufmerksamkeit verdienen, der kann die Plakate ausdrucken und verteilen oder auch in den sozialen Medien teilen, denn die breit angelegte Imagekampagne soll für den dringend benötigten Nachwuchs in Reinickendorfer Vereinen und Hilfsorganisationen sorgen.

Das Ehrenamt gehört nicht nur zu den tragenden Säulen unserer Gesellschaft, sondern fördert auch Integration und sozialen Zusammenhalt. Die Freiwilligen selbst erweitern ihre sozialen Kompetenzen, sind aber zugleich mit Herausforderungen konfrontiert. Fähigkeiten und Wissen, das nicht jeder von sich aus mitbringt, kann geschult und gezielt entwickelt werden. Dafür hat das Ehrenamtsbüro in Kooperation mit der Volkshochschule die neue kostenlose Veranstaltungsreihe „Fit fürs Ehrenamt“ zusammengestellt. Teil davon sind ein Kommunikationstraining, Argumentationstraining gegen Populismus sowie Kurse für Ehrenamtliche in der Integrationsarbeit (www.vhs-ehrenamtsportal.de).

Das Bezirksamt Reinickendorf weiß es sehr zu schätzen, dass sich viele Reinickendorfer jahrelang mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten engagieren. Eine dafür stellvertretende Aktion war die Ehrenamtsdankesfeier im Herrmann-Ehlers-Haus Mitte Dezember, die von der Integrationsbeauftragten Julia Stadtfeld mit den Worten: „Wir wollen zeigen, wie bunt das ganze Engagement ist“, kommentiert wurde. Hier wurde den zahlreichen Ehrenamtlichen des Netzwerkes „Willkommen in Reinickendorf e.V“. (WiR) gedankt, die sich seit 2013 für die Integration von Geflüchteten eingesetzt haben. Zu deren Aktivitäten zählten unter anderem Deutschkurse, Verwaltung und Vermittlung von Sach- und Geldspenden, Koordination von Zeitspenden wie Sportaktivitäten, Kinderbetreuung sowie eine Vielzahl unterschiedlicher Veranstaltungen zum Austausch zwischen Flüchtlingen und Reinickendorfern.

Als weitere Würdigung des Ehrenamtes lud Bezirksstadtrat Uwe Brockhausen und die Beauftragte für Menschen mit Behinderung Regina Vollbrecht Anfang November zur siebenten Verleihung des Reinickendorfer Ehrenpreises 2019 ein. Dabei wurden Bürger ausgezeichnet, die Menschen mit Behinderung unterstützen. Zu den Preisträgern zählten Engagierte in Selbsthilfegruppen für beispielsweise an Rheuma oder Multiple Sklerose Erkrankter, sowie für Suchtgefährdete und auch für das freiwillige Engagement im Bereich der Sterbebegleitung.

„Sport in Deutschland wäre ohne Ehrenamt nicht denkbar“, hieß eine Überschrift eines Artikels im Oktober 2019 im Tagesspiegel, der davon ausgeht, dass sich in Deutschland acht Millionen Menschen in rund 90.000 Sportvereinen ehrenamtlich engagieren.

„Im Verein ist Sport am schönsten“

Den Slogan „Im Verein ist Sport am schönsten“ kennt fast jeder. Und die Wachstumszahlen des Berliner Vereinssports zeigen, dass darin sehr viel Wahrheit steckt. Da zum allergrößten Teil die Berliner Sportvereine rein ehrenamtlich geführt werden, sind auch hier die Anforderungen an das Ehrenamt stark gewachsen. Der Landessportbund Berlin (LSB) unterstützt nicht nur mit Seminaren und Workshops, vielmehr wird auch der langfristige Einsatz ehrenamtlicher Helfer mit verschiedenen Ehrungen gewürdigt. Seit 2016 hat der LSB gemeinsam mit der Feuersozietät Berlin Brandenburg einen Sonderpreis eingeführt. In diesem Jahr kann man sich für den mit 3.000 Euro prämierten Sonderpreis für ehrenamtliche Verdienste im Schieds-, Wertungs-, Punkt- und Kampfrichter-Wesen bewerben. Stolz sein kann der Bezirk Reinickendorf auch auf eine weitere Auszeichnung, denn im letzten Jahr erreichte der TSV Wittenau den dritten Platz in dem Wettbewerb „Sterne des Sports“. Dabei gewann der Verein ein Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro für sein Konzept „KARAMBA – Seniorensport war gestern“, das Angebote von Zumba bis Hockergymnastik für Menschen ab 50 bis über 70 Jahre umfasst.

Frauen plus – das Plus für das Ehrenamt

Adaptiert an das Programm vom Landessportbund Berlin bietet der Bezirksportbund Reinickendorf unter dem Motto „Frauen Plus – das Plus fürs Ehrenamt“ Workshops und ein persönliches Mentoring an, um Frauen auf dem Weg ins Ehrenamt zu stärken (www.bsb-reinickendorf.de/ausschuesse/gold-fuer-frauen).

Schulen und Kitas freuen sich über ehrenamtliche Helfer. Nicht alle Kinder haben die gleichen Startbedingungen in der Schule. Manche benötigen eine besondere Förderung, um das Lesen und das Verstehen von Sprache zu verbessern. Dabei erhält unter anderem die Grundschule am Schäfersee Unterstützung von freiwillig engagierten Lesepaten, die von dem größten Berliner Ehrenamtsprojekt im Bildungsbereich „Die Berliner Lesepaten“ organsiert werden, das bereits 2005 vom Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) gegründet wurde.

Um sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen bessere Perspektiven zu eröffnen, gehen jede Woche über 2.300 Lesepaten mehrere Stunden in Berliner Schulen und Kitas und stärken mit ihrer freiwilligen Arbeit die individuelle Lese- und Lernkompetenz von über 12.000 Kindern und Jugendlichen. Dafür gibt es hin und wieder als kleines Dankeschön vom VBKI die Möglichkeit, an Theateraufführungen, Museumsführungen und Konzerten kostenlos teilzunehmen. Der beste Ausgleich für diese Arbeit ist jedoch, dass die Kinder schnell Lernfortschritte machen und ihren Paten Vertrauen und Dankbarkeit entgegenbringen. Oft ist dabei ihr Lächeln das schönste Geschenk an die Helfenden. Wie man als Lesepate auf diese Aufgabe vorbereitet wird, erfährt man bei einer unverbindlichen Informationsveranstaltung, Anmeldung unter www.lesepaten.berlin

Sie haben Zeit und möchten etwas Sinnvolles tun? Engagieren Sie sich ehrenamtlich! Lassen Sie sich beraten vom Ehrenamtsbüro im Bezirksamt Reinickendorf, Eichborndamm 215, Tel. 902 94 51 08, info@ehrenamt-reinickendorf.de, Sprechzeiten im Raum 26: Mo, Mi, Do 10 bis 12 Uhr und Di 14 bis 16 Uhr oder nach Vereinbarung.

dsd

Das Feuerwehrboot der Freiwilligen Feuerwehr in Tegelort bei einer Übung auf der Havel. Foto: privat
Alle Engagierten bei der W.I.R. Ehrungsfeier im Hermann-Ehlers-Haus. Foto: dsd
Andrea Becker