ein großes Grabmal auf einem Friedhof
Die Kindergrabanlage auf dem St. Hedwig-Friedhof Foto: hb

Gedenktag, Kleidung und Fotos für Sternenkinder

„Manche Eltern haben kein Kind an der Hand, aber eines im Herzen“

Bezirk – Babys, die den Kampf um ihr Leben in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft verlieren, werden von den Eltern Sternenkinder genannt. Allerdings sprechen sie bis heute nur selten über diesen Verlust und wissen oftmals nicht, dass sie sich auch von diesen Kindern verabschieden, dass sie sie beerdigen lassen und dass sie ihre Existenz offiziell anerkennen lassen können. Denn das ist heute nicht mehr nur für lebend geborene Babys möglich.

Durch eine Gesetzesänderung dürfen auch die sogenannten tot- oder fehlgeborenen Kinder beim Standesamt angemeldet werden, eine Geburtsurkunde und offiziell einen Vornamen erhalten. Denn: War das Kind mindestens 500 Gramm schwer oder wurde lebend geboren, muss ein Name auf dem Standesamt eingetragen werden. Ist es unter 500 Gramm schwer und nicht lebend geboren, darf man das tun. Und auch der Umgang in den Krankenhäusern mit dem totgeborenen Kind ist heute ein anderer. Hebammen und Seelsorgerinnen bieten den Müttern an, ihnen ihr Baby in den Arm zu legen, es anschließend hübsch anzuziehen, es in ein Körbchen zu betten und fotografieren zu lassen. Später können sie ihr Sternenkind mit anderen „nicht bestattungspflichtigen Kindern“ (Gewicht bis 1.000 Gramm und tot geboren) beerdigen lassen.

Kleine Särge auf dem Friedhof an der Ollenhauerstraße

Im Reinickendorfer Humboldt-Klinikum kümmern sich die katholische Klinikseelsorgerin Luzia Hömberg und ihre evangelische Kollegin, Pfarrerin Gabriele Smend, um die Bestattung, der Sternenkinder, wenn die Eltern ihnen gegenüber diesen Wunsch äußern. Zweimal im Jahr organisieren sie Sammelbestattungen auf einer Gräberfeldanlage des St. Hedwig-Friedhofs an der Ollenhauerstraße. „Wir betten in die kleinen Särge bis zu zehn Föten nebeneinander – angekleidet oder in ein weiches Tuch gehüllt“, erzählt Luzia Hömberg. Auf die Grabstelle werden von den Eltern mitgegebene Erinnerungsstücke gelegt, Kerzen aufgestellt und ein Stein mit dem der Bestattungstermin. Einige Eltern sind bei der Beerdigung dabei, andere nicht. „Wer nicht anwesend sein möchte oder kann, erfährt bei mir auch noch Jahre später, wo sein Kindchen begraben liegt“, sagt Luzia Hömberg.

Die Seelsorgerin lobt in diesem Zusammenhang das große Engagement des Reinickendorfer Bestattungsunternehmens Otto Berg, das diese Beerdigungen durchführt und alle Kosten übernimmt. Der Friedhof stellt den Platz kostenfrei zur Verfügung und übernimmt die Pflege der Gräber.
Eine weitere, kostenfreie Ruhestätte für Sternenkinder ist der Sternschnuppenbaum im FriedWald in Bernau.

Worldwide Candle Lighting

Beim Worldwide Candle Lighting werden weltweit Kerzen für verstorbene Kinder angezündet und an ein Fenster gestellt. Am zweiten Sonntag im Dezember, in diesem Jahr am 10. Dezember, 19 Uhr Ortszeit, gedenken damit Angehörige und Freunde der verstorbenen Kinder.

Gottesdienst zum Gedenken

Zu einem Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder lädt die St. Marienkirche in Berlin-Mitte, Karl-Liebknecht-Straße 8, am Sonntag, 10. Dezember, 16.30 Uhr, ein. Pfarrerin Corinna Zisselsberger: „Wir verlesen im Gottesdienst die Namen der verstorbenen Kinder und zünden für sie eine Kerze an. Zudem gibt es ein Elternwort und im Anschluss Gelegenheit zum Austausch.“ Zuvor können die Angehörigen in der Kirche den Namen des verstorbenen Kindes auf einen Zettel schreiben, der Pfarrerin übergeben oder ihn vorab über das Gebetsformular auf der Website der Gemeinde übermitteln: https://marienkircheberlin.de/gebetsanliegen Die Namen werden dann während des Gottesdienstes verlesen.

Ehrenamtliche Hilfen

Für Eltern, die ein Erinnerungsfoto von ihrem Kind haben möchten, stehen proffessionelle Fotografen des Projekts „Dein Sternenkind“ zur Verfügung. Sie arbeiten bundesweit, freiwillig und unbezahlt: www.dein-sternenkind.eu

Im Verein „Herzenssache“ – Nähen für Sternchen und Frühchen nähen, häkeln und stricken die Mitglieder Kleidung für Frühchen und Sternenkinder. Diese wird kostenfrei an rund 235 Kliniken in ganz Deutschland abgegeben. „Für Sternenkinder hauptsächlich angefragt werden Sets in gedeckten Farben, welche aus einem Bettchen oder Abschiedsboot, einer Einschlagdecke und Erinnerungsstücken bestehen. Bei der Stoffauswahl achten wir auf zurückhaltende Motive, gedeckte Farben und Schnittmuster, die eine Ankleidung der kleinen Körper ermöglichen“, erzählt Luticia Gebhardt, von „Herzenssache“. Der Verein eröffnete zudem vor vier Jahren einen Ort der Erinnerung für Sternenkinder auf dem Friedhof in Wandlitz. Infos unter www.herzenssache-nfsuf.de

hb

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.